Das folgende Exklusivinterview wurde gemacht von "Leserkanone - das endgültige Büchergericht" und ist hier im Original nachzulesen. Ich bedanke mich ganz herzlich für die Mühe beim Team von Leserkanone:
– Herr Knabe, vor Kurzem erschien Ihr neues Kinderbuch »Die Heimat aller Tiere«. Womöglich hat noch nicht jeder Besucher unserer Webseite Notiz von dem Buch genommen, könnten Sie es unseren
Lesern daher kurz mit eigenen Worten vorstellen?
Gerne. Mein Buch erzählt von einem Ort, zu dem die Tiere kommen, die hier auf der Welt gestorben sind. Besonders natürlich die Haustiere – also die vielen Katzen, Kaninchen, Hunde und so weiter,
die uns eng im Leben begleiten und uns dann eines Tages verlassen müssen.
– Für Kinder welcher Altersgruppe ist das Buch geeignet?
»Die Heimat aller Tiere« kann Kindern ab dem Alter von vier Jahren vorgelesen werden. Auch wenn man den Eindruck hat, dass es schon jüngere Kinder verstehen können, ist es doch eigentlich dafür
zu lang. Ich würde empfehlen, jüngeren Kindern das Buch zu zeigen und mit eigenen Worten die Bilder zu beschreiben.
Obwohl es als ein Kinderbuch gemacht ist, ist die Geschichte auch für Erwachsene berührend und kann eine ganz andere Sichtweise auf das Sterben von Tieren ermöglichen.
– Soll das Buch den kleinen Lesern (oder Zuhörern) eine Aussage vermitteln, oder dient es nur der Unterhaltung? Kann eine Lehre aus der Geschichte gezogen werden?
Nun, das Thema Tod ist nicht so unterhaltsam. Und doch vertritt das Buch keine Lehre und hat keine Mission. Es spiegelt eine natürliche Sichtweise auf das Leben der Tiere wider, zu der auch die
Geburt und das Sterben dazugehören. Ich denke, ich konnte mit dem Buch ein Bild von Lebenstatsachen überbringen, die wahrscheinlich jeder Mensch auf seine Weise nachempfinden kann.
– Ist Trauer wirklich ein Thema, mit dem Kinder schon in einem solch frühen Alter konfrontiert werden sollten?
Es ist nicht das Buch, welches Kinder mit Trauer konfrontiert, sondern es ist das Leben. Es tritt Trauer auf, wenn gestritten wird, Eltern sich trennen, wenn Verwandte sterben oder andere
schlimme Ereignisse passieren.
Besonders tragisch ist das Erleben von sterbenden Haustieren – Haustiere versinnbildlichen das Gute: den vertrauenswürdigen Freund, der nie enttäuscht und ihr Stellenwert ist darum einzigartig.
Ihr Tod ist dann unverständlich, sinnlos, ohne Ausgleich und es bleibt allein das Gefühl des Verlusts.
Mein Buch kann Kindern und Eltern helfen, mit dieser Trauer umzugehen.
– Hatten Sie literarische Vorbilder für die Arbeit an Ihren Kinderbüchern, oder haben Sie Ihren eigenen Stil auf andere Weise gefunden? Was sind Ihre eigenen Lieblings-Kinderbücher?
Wenn ich so etwas wie ein Vorbild nennen darf, dann habe ich als erstes die Grimm’schen Märchen vor Augen. Überhaupt Volksmärchen sind mir wichtig. Ja, und ein großes berührendes Bilderbuch, das
hieß »Der verrostete Ritter«. Das werde ich nie vergessen.
Das liebevolle Vorlesen und Erzählen der Erwachsenen in der Familie ist ein wichtiges Kulturgut. Damit werden Märchen und Geschichten weitergegeben und das ist vielleicht Grundlage »meines
Stils«.
Ich lasse mich beim freien Erzählen vorsichtig hörend auf die Situation ein und verbinde mich innerlich mit den Zuhörern. Dann ist es ganz leicht, das auszusprechen, was ausgesprochen werden
will. Ich glaube, dass dieser Erzählstil nur wenig mit Ausdenken zu tun hat. Es ist eher ein Hinhören.
Genauso sind meine Bücher konzipiert – sie sind niedergeschriebene, frei erzählte Märchen, die den Lesern ermöglichen individuelle Bilder ebenso frei in ihren Köpfen zu kreieren.
– Wie schafft man es, jederzeit altersgerecht zu klingen? Kann man sich die Arbeit an einem Kinderbuch so vorstellen, dass Kinder herangezogen werden, denen man die Texte vorträgt, um ihre
Verständlichkeit zu überprüfen? Oder entwickelt man als Autor ein Gefühl für den richtigen Ton?
Nun, ich arbeite als Erzieher und habe so über zwanzig Jahre lang Kindern vorgelesen und erzählt. Inzwischen durfte ich auch »Die Heimat aller Tiere« schon verschiedenen Altersgruppen vorlesen
und meine Erfahrungen damit sammeln.
Ich glaube, wenn sich jemand wirklich um eine richtige und wahre Formulierung bemüht, dann ist das immer verständlich – sogar gleichzeitig von Zuhörern verschiedenen Alters. Jeder versteht dann
entsprechend seiner eigenen Welt in unterschiedlicher Tiefe.
Ich habe mit großer Überraschung erlebt, dass selbst meine Hunde beide an immer der gleichen Stelle des Buches ganz aufgeregt wurden und herumgetollt sind. Wer das Buch kennt, kann sich auch
denken, welche Stelle das ist…
Nur wer etwas erklären will wie ein Lehrer – der muss auf das Alter des anderen achten.
– Der Bereich der Kinderbücher erscheint von außen betrachtet als eine etwas undankbare Welt, denn abgesehen von einigen wenigen dauerhaft erfolgreichen Autoren wird das Genre häufig von den
Veröffentlichungen von Schauspielerinnen oder anderen Frauen aus der Medienbranche dominiert, die entweder nebenher auf die Schnelle ein Buch geschrieben oder einem Projekt lediglich Ihren Namen
geliehen haben. Haben Sie auch diesen Eindruck, und ist er aus Autorensicht nicht sehr frustrierend?
In meinen Augen werden einige Kinderbuchautoren tatsächlich gut vermarktet, schließlich möchten ein Verlag und die Druckerei Geld verdienen. Die Barsortimente schließen dann alle anderen Autoren
aus, die sich nicht sicher dem »best-selling-Prinzip« anschließen, weil ihr Buch gar nicht im Buchladen gesehen werden kann. Das erlebe ich nicht als Erfolg von Autoren, sondern das ist doch der
Erfolg einiger weniger Agenten der Buchbranche.
Ich würde mir eine Welt wünschen, in der noch viel mehr Schauspielerinnen und Frauen aus der Medienbranche ihre Bücher außerhalb des riesigen Verlagsmarktes veröffentlichen, damit Menschen wieder
Bücher kaufen und lieben, die mit Herz geschrieben sind, die besonders sind, Bücher, die unsere Welt wenigstens etwas verbessern wollen.
Wenn ich einen handgeschriebenen Brief bekomme, in dem mir ein Leser schreibt, sein Leben hat sich durch mein Buch verändert, als er es seiner Tochter vorgelesen hat – dann ist das für mich eine
große Freude und auch ein Erfolg. Wir Autoren schreiben ja nicht, um uns selbst ein Ansehen zu geben, sondern um anderen etwas Gutes zu schenken.
– Was können wir von dem Autor Sebastian Knabe in der nächsten Zukunft erwarten? Sind bereits neue Buchprojekte in Planung?
Ich muss sagen, dass es mein Team ist, welches weitere Buchprojekte plant und umsetzt. Ich selbst habe das große Glück, dass ich nur Märchen zu erzählen brauche. Die große Arbeit, bis aus meiner
Erzählung wirklich ein fertiges Buch wird, kann ich selbst nicht leisten. Soweit ich weiß, wird es bald ein Buch geben, wo es um ein ganz ähnliches Thema geht, aber diesmal um uns Menschen…
Das Team von Leserkanone.de dankt Sebastian Knabe für die Zeit, die er sich genommen hat!